Umstieg auf Jabber

Die meisten der Leser dieses Blogs werden wahrscheinlich schon von Jabber gehört haben. Jabber ist der Überbegriff für einen OpenSource InstantMessaging-Service und die dahinter stehende Community. Der freie IM-Service bassiert auf dem standardisierten Protokoll XMPP.

Ich bin vor einigen Tagen den großen Schritt gegangen und habe dem proprietären ICQ den Rücken gekehrt und benutze nur noch Jabber.

Nachdem es mit ICQ seit dem wechsel zu ICQ6 und der Protokoll-Änderung immer mehr Probleme gab, wie z.B. dass alle alternativen Clients ausgesperrt werden sollten und ich mich trotz dem Fix für Pidgin nicht zuverlässig ins ICQ-Netz einloggen konnte und ständig disconnected wurde und außerdem schon viele meiner Freunde und meiner Familie Jabber benutzen, habe ich mich dazu entschlossen ab jetzt nur noch Jabber zu benutzen und dem proprietären und kommerziellen ICQ den Rücken zu kehren.

Nachdem ich nun das Protokoll gewechselt habe brauch ich auch Pidgin als Multimessenger nicht mehr und habe mich auf die Suche nach einem Messenger, der sich auf Jabber spezialisiert hat gemacht und diesen mit Gajim gefunden. Doch mehr zu Gajim gibt es im nächsten Artikel.

Noch eine Info für alle Web.de, GMX, 1und1 und Gmail User:

Ihr alle habt schon einen Jabber-Account und er schreit danach benutzt zu werden ;-).
Eure E-Mail-Adresse + Passwort ist gleichzeitig ein Jabber-Account. Installiert euch einfach einen Jabber fähigen Messenger und Chattet los!
Und auch für die Freenet-Mail nutzer gibt es einen Jabber-Server auf jabber.freenet.de, dort kann man sich aus seinem Jabber-Programm herraus mit nur wenigen Klicks einen Account registrieren.

Für alle anderen die Jabber benutzen wollen gilt folgendes:

1. Jabber Programm aussuchen und installieren (z.B. Gajim).
2. Aus dem Programm herraus einen Account auf einem der viele öffentlichen Jabber-Servern registrieren.
3. Los Chatten!

Protokoll Jabber vs. ICQ (via blog.jbbr.net)

Jabber ICQ
1. Das Jabberprotokoll ist frei und somit für jeden einsehbar. Das ICQ-Protokoll ist von AOL lizenziert jedoch sind seit dem 05.03.2008 die Spezifikationen offen gelegt, was bedeutet, dass es nun recht einfach möglich ist ohne Reverse Engineering und sonstigen Hacks Clients, Plugins und mehr für das OSCAR (ICQ/AIM) Protokoll zu schreiben.
2. Die meisten Jabberclients sind Open Source. ICQ in der Standardversion ist closed Source.
3. Alle uns bekannten Jabberclients sind absolut werbefrei. Der Standard ICQ-Client ist mit Werbung absolut überladen. Es gibt jedoch auch einige offene ICQ Clients die bisher jedoch nicht alle ICQ/AIM Funktionen unterstützen.
4. Das Jabberprotokoll bietet die Möglichkeit, Verbindungen zum Jabberserver per SSL zu verschlüsseln. Desweiteren kann man den Inhalt von Nachrichten bei vielen Jabberclients per GPG verschlüsseln. Dies ermöglicht einen sehr hohen Sicherheitsgrad. Die ICQ-Verschlüsselung ist schlecht / mangelhaft und funktioniert nur mit bestimmten Clients. Eine verschlüsselte Verbindungsmöglichkeit zu den ICQ-Servern gibt es nicht.
5. Man kann sich in einen Jabberaccount mit mehreren Clients von verschiedenen Orten gleichzeitig einloggen. Bei ICQ kann man sich immer nur mit einem Client/einer IP gleichzeitig in einen Account einloggen.
6. Bei Jabber gibt es auf vielen Servern Transports/Gateways. Mit Hilfe dieser Dienste kann man sich in anderen Chatnetze wie ICQ, MSN, AIM und Yahoo problemlos verbinden. Bei ICQ kann man nicht in andere Netze (außer AIM) kommunizieren.
7. Das Jabberprotokoll basiert auf Dezentralisierung, verschiedene Jabberserver von verschiedenen Anbietern kommunizieren miteinander. Fällt ein Jabberserver aus, so schadet das der Netzstabilität nicht. ICQ ist auf die Server von AOL zentralisiert, AOL behält sich laut den Policy Agreements (zu denen jeder User zustimmen muss) das Recht vor, Inhalte zu zensieren und das Copyright auf jeden, über das ICQ-Netzwerk versandten Inhalt zu erlangen! Das heißt im Klartext: wer irgendetwas über ICQ verschickt, verliert in diesem Augenblick das Copyright auf den Inhalt, AOL nimmt sich das Recht die Inhalte zu filtern und abzufangen (z.b. Codeschnipsel) und dann mit eigenem Copyright weiter zu vermarkten.
8. Jeder kann einen eigenen Jabberserver aufsetzen, im Internet und auch in internen Netzwerken. Firmen können so z.B. einen internen Jabberserver aufsetzen, der von außen nicht zu erreichen ist. Die ICQ-Server können und werden nur von AOL betrieben, jeder der ICQ benutzt geht zwangsweise über das Internet. Im Lan interne Konversationen sind per ICQ nicht möglich.
9. Das Jabberprotokoll ist stabiler als das ICQ-Protokoll und wird permanent von der Opensource-Community weiterentwickelt. Das ICQ-Protokoll entwickelt sich nur langsam weiter. Unnötige Features wie z.B. “Xtraz” werden eingebaut – Dinge die wirklich keiner braucht. Wenn eine Weiterentwicklung des Protokolls erfolgt, legt AOL Änderungen nicht offen. So kommt es dazu, dass alternative ICQ-Clients Probleme mit dem Verbinden ins ICQ-Netz bekommen können. Die letzten problematischen Protokolländerungen: 01.07.2008, 13.02.2006.
10. Weil das Jabberprotokoll auf Dezentralisierung basiert, ist ein kompletter Ausfall des Netzes unmöglich.

Dies ist einrseits von Vorteil, einerseit jedoch auch von Nachteil da man auf den Server auf dem man seine Jabber-ID (JID) registriert hat angewiesen ist. Wenn dieser ausfällt oder gar schließt muss man entweder Geduld haben oder sich einen anderen Server suchen wobei sich dann die JID ändert.

ICQ ist nicht ausfallssicher, wenn es Probleme bei den von AOL betriebenen Servern gibt, stört dies das komplette ICQ-Netzwerk.

Zwar ist es sehr unwarscheinlich das dergleichen passieren wird, jedoch hat AOL die Möglichkeit Zentral Änderungen durchzuführen die dann dazu führen das alternative ICQ-Client vom Netz ausgeschlossen werden. Siehe 9.

Aber wie gesagt ist ein “Ausfall” für Nutzer des originalen ICQ Clientes sehr unwarscheinlich und so ist es auch ein Vorteil das die ICQ Server von einem großen Unternehmen bereit gestellt werden.

11. Wenn man einen Jabberaccount nicht mehr nutzen möchte, kann man diesen mit seinem Jabberclient von dem benutzen Jabberserver löschen. ICQ-Accounts kann man nicht mehr löschen. In den aktuellen ICQ-Clients ist das Feature garnicht mehr zu finden, in den älteren ICQ-Versionen gibt es den Eintrag “Account löschen” noch. Man bekommt jedoch nur eine Fehlermeldung beim Ausführen der “Account löschen”-Funktion. Die Nachteile liegen auf der Hand: wenn man einen ICQ-Account nicht mehr nutzt, bekommen das nicht alle User zwingend mit da der Account ja noch existiert. Es kann passieren, dass man noch Nachrichten an einen Account bekommt, den man garnicht mehr benutzt. Der Sender wird nicht darüber informiert, dass der Account nicht mehr in Benutzung ist. Man sollte sich auch die Frage stellen, warum AOL plötzlich das Löschen der Accounts verhindert.
12. Das Registrieren einer Jabber ID läuft innerhalb des Jabber Clienten ab. Um eine ICQ Nummer zu registrieren muss man dies über ein unübersichtliches, englisches Formular auf der ICQ Seite tun. Innerhalb des Clienten ist dies nicht möglich.
13. Eine Jabber-ID ist wie eine E-Mail Addresse aufgebaut (Benutzer@Server.tld) und ist somit leicht zu merken. Es ist sogar möglich das Jabber-ID und E-Mail Addresse identisch sind. ICQ Nummern sind mindestens 6-Stellige Zahlenfolgen welche folglich schwer zu merken sind.
14. Jabber ist noch nicht weit verbreitet. Diese Behauptung ist auf den Mainstream bezogen durchaus korrekt, in einigen Communitys ist Jabber aber schon der Standard. Indem man seinen Kontakten Jabber empfiehlt, wird sich sicher auch dieser Nachteil ausgleichen lassen. ICQ ist weit verbreitet, dennoch kann man diesem Trend gezielt entgegenwirken, indem man Jabber benutzt. Ein gleichzeitiges Nutzen von beiden Protokollen, bis der Umstieg vollendet ist, ist ebenfalls denkbar. Denken immer daran: es geht um DEINEN Datenschutz und deine Sicherheit!
15. Das Jabber Protokoll und die meisten Jabber Clients stehen unter der GPL und sind damit freie Software. Die AGB definiert jeder Jabber-Server Betreiber selber und enthält im Normalfall keine kritischen Elemente. Jeder Jabber Nutzer kann seinen Jabber Server unter den öffentlichen Servern frei auswählen. Die “Terms of Service” von ICQ enthalten einige sehr kritische Einträge. Diese sagen aus, dass ICQ ALLE Rechte über die über den ICQ Service versendeten Daten hat und mit diesen Machen kann was es will. Auszüge und Übersetzungen aus den Terms of Service weiter unten.
16. Es gibt bei den meisten Servern keine Begrenzung der Nachrichtenlänge. Wenn man z.B. einen Auszug aus einem Chatprotokoll oder ähnliches versendet ist dies sehr hilfreich. Nachteilig ist jedoch, dass man mit extrem langen Nachrichten von Spam Bots bombadiert werden kann welche einige Clients zum “hängen” bringen. Jedoch habe ich noch nie von einem Jabber Spam-Bot gehört so ist dies zumindest beim aktuellen Verbreitungsstatus von Jabber als Vorteil anzusehen. ICQ limitiert die Nachrichtengröße recht strikt weshalb man manchmal gezwungen ist Texte in mehreren Nachrichten zu senden.
17. Passwort vergessen? Da hat man als Jabber User oftmals einfach Pech gehabt, denn die wenigsten Jabber Server bieten eine “Passwort vergessen” Funktion an und eine einfache und recht sichere Zuordnung eines Jabber Users zu einer Person ist nicht möglich wenn keine E-Mail Adresse im Profil angegeben wurde und selbst wenn dies passiert ist muss ein Serveradmin das Passwort für einen ändern. Bei ICQ ist das kein Problem: Einmal “Passwort vergessen” anklicken, die eigene ICQ Adresse eingeben und schon hat man ein neues Passwort im E-Mail Postfach.

2 thoughts on “Umstieg auf Jabber”

  1. Sehr schöner Eintrag, habe selber schon mit dem Gedanken gespielt, Jabber zu benutzen, aber hatte noch keine Gelegenheit, mich darüber zu informieren.

    Besonders den Tipp mit dem Email/Jabber-Account finde ich hilfreich. Danke!

  2. hey lukas,

    gute sache, dass du dich fuer freie protokolle interessierst. bin vor langer zeit auch komplett auf jabber umgestiegen, weil mir die nutzungsbedingungen der “grossen” nicht ganz so gefallen. weiter so & besuch mich doch mal auf dem dumplog 🙂

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